TheaterSPIEL - KINDERtheater
Unsere Kinder der "Milleniums-Generation" sind augenblicklich dabei, zu lernen, dass sie sich nicht mehr aufraffen müssen, um ein Abenteuer zu erleben! Sie holen sich ihre Abenteuer mit einem Knopfdruck ins Kinderzimmer. Sei es Fernsehen, Gameboy- oder Konsolenspiele oder der Komputer. Nicht mehr die nahe Umwelt wird direkt von den Kindern erfahren, sondern gleich und unvorbereitet die ganze Welt, ja das ganze Universum, aber leider nur über den indirekten Weg eines Mediums. Dies bringt nicht nur das Erfahren der Welt aus zweiter Hand, sondern auch eine Vereinsamung und Isolation des Kindes zu Hause mit sich.
Diese Entwicklung können und wollen wir in der Schule nicht zurückdrehen, aber wir müssen sie zur Kenntnis nehmen - nicht verdrängen - und versuchen für unsere Schüler einen Ausgleich zu schaffen.
Theater - und vor allem Kindertheater - läßt sich nicht auf Knopfdruck einschalten, es läßt sich nicht ohne weiteres vervielfältigen und schon gar nicht sekundenschnell wieder abschalten, wenn die Lust an ihm zu verlieren droht! Theater lebt in der Sekunde, in der der Schauspieler seinem Zuschauer auf der Bühne gegenübertritt, kann ohne diese Wechselwirkung Schauspieler-Zuschauer nicht existieren und ist im Augenblick seiner Aufführung schon vergangen. Hierbei werden Erfahrungen aus erster Hand gemacht, die dem Kind eine angemessene Form des Lernens und der Lebensbewältigung ermöglichen.
Es bietet zahlreiche Ansätze zur Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit: anders als in der Medienlandschaft ist das Theaterspielen auf das Miteinander der Spielenden einerseits und andererseits auf den Kontakt zum Publikum angewiesen, fördert also beim Kinde die komplexe Fähigkeit zur Kommunikation, die im heutigen Berufsleben eine Schlüsselqualifikation darstellt.
Damit aber nicht genug: jedes Kind gibt auf der Bühne vor ein anderer Mensch zu sein. Es erlebt also einen Teil Wirklichkeit unter anderen Voraussetzungen. Eine völlig neue Perspektive tut sich ihm auf und fördert so Neugier, Neuentdeckung und konsequentes, logisches Weiterentwickeln der Phantasie, ohne das Risiko des realen Scheiterns fürchten zu müssen. Das fremde Schicksal einer Figur kann auf diese Weise ohne Ängste und Hemmungen ausgetestet werden, ohne die ach so plausiblen Erwachsenenantworten, die dann sehr oft zur Übernahme von gesellschaftlichen Vorurteilen führen können.
Doch auch ganz konkret, im gewöhnlichen Schulalltag, bringt das Theaterspielen eine ganze Reihe Verbesserungen. Das Gruppengefühl wird gefördert, die Beziehung zwischen Lehrer/Lehrerin und Kind wird gefestigt und um neue Aspekte erweitert. Mitschüler und Lehrer lernen plötzlich ganz neue, andere Fähigkeiten kennen und schätzen, Gegenseitige Anerkennung und Respekt kann so gefördert werden. Alle Kinder können beim Theater in Rollen schlüpfen, alle Kinder erhalten die Möglichkeit zum Handeln, das zu einer Steigerung des Selbstwertgefühles führt: Theater hat also eine integrierende Funktion und fordert die Kinder zum Akzeptieren von Kompromissen heraus: Die Rolle der schönen Prinzessin ist immer schnell vergriffen, aber welches Mädchen möchte schon die böse Stiefmutter spielen, welcher Junge schon den langweiligen Oberförster, der am Ende nur kurz auftritt und den Wolf erlegt? Doch alle Rollen zusammen ermöglichen erst ein gelungenes Theaterstück!
Letztlich sollten wir auch nicht die Kinder vergessen - und in der komplizierten Luxemburger Sprachlandschaft gibt es deren viele - , die sich durch sprachliche Defizite im regulären Unterrichtsgeschehen eingeschränkt fühlen oder es tatsächlich sind. Ihnen bietet das Theaterspielen nicht nur die Möglichkeit des Einübens fester Sprachstrukturen sondern auch die Gelegenheit sich nonverbal durch Gestik und Mimik in das Spiel und damit das konkrete soziale Geschehen einzubinden. So können alle Spieler Kommunikationsmittel erlernen, die vorher nie in Betracht gezogen worden sind.
Fragt man die Kinder, warum sie Theaterspielen, so bekommt man oft als Antwort:"...weil es Spaß macht!"
Aber was ist es, was den Kindern solchen Spaß am Theater bereitet - ist es die Tatsache, dass alle mitspielen können, ist es das Nachahmem, Ausprobieren und Experimentieren, ist es die Lust am Sich-Darstellen und am Darstellen anderer, ist es der Spaß am Verkleiden, der Spaß am spontanen Umsetzen von Einfällen, der Spaß an Sprache, Mimik, Gestik, Bewegung und Neugierde, die Herausforderung, an Selbstsicherheit zu gewinnen und Selbstbeherrschung zu üben oder ist es der Spaß an allen diesen Aspekten zusammen.
Mit Sicherheit ist es die Freude nach einer gelungenen Vorführung den Applaus, die Achtung und den Respekt des Publikums in Empfang nehmen zu dürfen.